Die Schule von La Maison, ein Ort des Lernens und der Träume
schrieb am 24.12.2024In Massongex ist La Maison ein einzigartiger Lebensort, der Kinder aus unterschiedlichen Hintergründen aufnimmt, um ihnen medizinische Versorgung zu bieten. Neben einem Ort der körperlichen Heilung legt La Maison grossen Wert auf Bildung und persönliche Entwicklung. Die Institution beherbergt sowohl eine Schule als auch einen Kindergarten, wo jedes Kind einen Rahmen findet, der seinem Alter und seinen Bedürfnissen entspricht. Heute stellen wir die Schule vor, in der Kinder über 6 Jahre ihre Schulausbildung fortsetzen, während sie eine entscheidende Phase ihres Lebens durchlaufen.

„Ich mag es, zu lernen und neue Dinge zu entdecken. Wenn ich gross bin, möchte ich Herzärztin werden und Kinder operieren.“
Inlmath, 12 Jahre
Eine an die Bedürfnisse der Kinder angepasste schulische Umgebung
Die Schule von La Maison ist so gestaltet, dass sie auf die spezifischen Bedürfnisse der temporär aufgenommenen Kinder eingeht. Diese Kinder kommen aus verschiedenen Ländern und befinden sich nach schweren medizinischen Behandlungen in der Genesung. Hier finden sie durch Unterricht, Spiele und interkulturellen Austausch ein Stück Normalität wieder. Das Hauptziel besteht darin, ihnen einen Bildungsrahmen zu bieten, der ihr persönliches Wachstum fördert und dabei ihre emotionalen sowie körperlichen Herausforderungen berücksichtigt.
Während des Unterrichts achten die Erzieherinnen und Erzieher sorgfältig auf den Gesundheitszustand der Kinder, auf Anzeichen von Müdigkeit oder andere mögliche Symptome. Falls nötig, werden die Kinder dem Pflegepersonal vorgestellt, das entscheiden kann, ob sie sich unter Aufsicht ausruhen dürfen.
„Wir haben zwei getrennte Klassen für Kinder ab 6 Jahren: Eine für Kinder, die bereits lesen und schreiben können und die schon eine Schule besucht haben, und eine andere für ein weniger fortgeschrittenes Niveau, in der das Lesen und Schreiben erlernt wird“, erklärt Robin Hofmann, seit drei Jahren Erzieher bei La Maison.
„Unter der Woche haben wir jeden Morgen und Nachmittag je eine Unterrichtsstunde, gefolgt von einer freien Zeit, in der die Kinder an den Computer gehen, ein Buch lesen oder zeichnen können“, ergänzt Melody Methot, die seit fünf Jahren als Erzieherin bei La Maison tätig ist. „Unser Ziel ist es, bereits erworbene Fähigkeiten zu erhalten und gleichzeitig neues Wissen zu vermitteln. Wir decken alles ab – Französisch, Mathematik, Geografie, Geschichte und Naturwissenschaften – und achten dabei auf die kulturelle Vielfalt der Kinder. Zum Beispiel legen wir besonderen Wert auf afrikanische Geschichte.“
Berührende Zeugnisse von Kindern
Um die Bedeutung des Bildungssektors hervorzuheben, haben wir vier junge Bewohnerinnen und Bewohner von La Maison – Julien, Frida, Astou und Inlmath – befragt. Ihre Antworten zeigen, dass die Schule und die pädagogische Unterstützung in La Maison eine persönliche und soziale Bereicherung darstellen.
Frida, ein energiegeladenes 14-jähriges Mädchen, erzählt uns: „Ich gehe gerne in die Schule von La Maison. Wir festigen das, was wir schon gelernt haben, erwerben neues Wissen und lachen auch mal zusammen. In der Klasse herrscht immer eine gute Stimmung.“ Frida stammt aus Togo und spricht mit Wehmut von ihrer Heimat: „Bei uns ist es wärmer als in der Schweiz, und es gibt nicht so viele Bäume. Ich vermisse meinen grossen Bruder sehr und auch meine Freunde.“ Sie erzählt uns ausserdem von den Aktivitäten, die sie ausserhalb des Unterrichts liebt: „Ich mag es, draussen zu spielen oder mit den Erziehern spazieren zu gehen. Am liebsten stricke ich. Ich mache oft Haargummis, die ich den Erzieherinnen schenke, und ich habe auch angefangen, eine Tasche zu stricken.“
Als Julien, ein lächelnder 11-jähriger Junge aus Benin, gefragt wird, was ihm an La Maison am besten gefällt, antwortet er ohne zu zögern: „Mit den anderen Wii spielen. Das macht unglaublich viel Spass!“ Mit strahlenden Augen spricht Julien auch von seinem Traum: „Wenn ich gross bin, möchte ich Fussballspieler werden. Ich schaue mir sehr gerne Spiele an und spiele auch selbst gerne Fussball.“
Astou, 8 Jahre alt, ein schüchternes kleines Mädchen aus Mauretanien, und Inlmath, 12 Jahre alt und ebenfalls aus Benin, erzählen uns, was ihnen im Unterricht am meisten Freude bereitet. “Am liebsten bastle ich und male Tiere aus“, erklärt Astou. „Ich liebe Mathematik! Vor allem Rechnen hat mir schon immer grossen Spass gemacht“, fügt Inlmath begeistert hinzu. Die beiden Mädchen sind glücklich, hier Freunde gefunden zu haben: „Wir schlafen im selben Zimmer. Wir spielen gerne mit Puppen und reden während der Mittagsruhe miteinander.“
Auf die Frage, was sie an La Maison am glücklichsten macht, antworten die beiden einstimmig: zur Schule gehen. „Ich lerne gerne und entdecke neue Dinge. Wenn ich gross bin, möchte ich Herzärztin werden und Kinder operieren“, sagt Inlmath.
Die vier Kinder möchten ihre Dankbarkeit gegenüber den Menschen ausdrücken, die ihnen den Aufenthalt in La Maison ermöglichen: „Danke für eure Hilfe.“
„Wichtig ist für uns der Respekt für die Kultur und Religion des anderen, ohne Vorurteile.“
Robin Hofmann, Erzieher

Die Zukunft der Kinder unterstützen
Die Geschichten dieser Kinder zeigen deutlich die positive Wirkung ihres Aufenthalts in Massongex. Sie finden hier nicht nur einen passenden Rahmen zum Lernen, sondern auch eine Gemeinschaft, in der sie wachsen, Unterstützung erfahren und von einer besseren Zukunft träumen können.
Der Unterricht ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens in La Maison. Die Schule unterstützt die Entwicklung jedes Kindes, zusätzlich zu den medizinischen Behandlungen, die es erhält. Die Erzieher arbeiten gemeinsam daran, eine sichere, fröhliche und lernfördernde Umgebung zu schaffen. Denn die Kinder kommen aus verschiedenen Kulturen, Religionen und Altersgruppen und sprechen oft unterschiedliche Sprachen – auch wenn die meisten Französisch verstehen. „Wichtig ist für uns die Gruppendynamik. Dass Respekt für die Kultur und Religion des anderen herrscht, ohne Vorurteile“, betont Robin Hofmann, Erzieher bei La Maison.
Melody ergänzt, dass die Mischung aus Sprachen und Kulturen für alle sehr bereichernd ist: „In La Maison feiern wir alle Feste, ob christlich oder muslimisch, und erklären sie den Kindern. Mehrere Wochen lang basteln wir zu bestimmten Themen und singen Lieder, z. B. zum Eid oder zu Weihnachten. In der Schule tauschen wir uns über die Bräuche der einzelnen Länder aus. Für uns ist es wichtig, dass sich alle Kinder gleichberechtigt fühlen und auch untereinander keine Unterschiede schaffen.“
Für diese Kinder ist La Maison weit mehr als ein Gesundheitszentrum: Es ist ein Ort, an dem Hoffnung, Bildung und Solidarität zusammenkommen, um eine bessere Zukunft aufzubauen. Dank der Schule haben Julien, Frida, Astou, Inlmath und viele andere Kinder die Chance, ihre Ausbildung fortzusetzen, ihre Träume zu nähren und sich trotz der Prüfungen, die sie durchmachen, zu entfalten.
Diese vielversprechende Zukunft wäre nicht möglich ohne die unschätzbare Unterstützung unserer Spender und Freiwilligen, deren Grosszügigkeit wirklich Leben verändert. Durch die Unterstützung von La Maison trägt jeder Einzelne dazu bei, dass diese Kinder die Chance erhalten, sich zu erholen, zu lernen und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Lassen Sie uns gemeinsam weiterhin dafür sorgen, dass sie die Möglichkeit haben, zu träumen und ihre Zukunft zu gestalten.


Fokus auf die pädagogische Begleitung
Das pädagogische Team von La Maison besteht aus 18 Personen, darunter 6 Praktikanten und Zivildienstleistende. Sie kümmern sich täglich von 7 Uhr bis 21 Uhr um die Kinder, bevor die Nachtwachen übernehmen. Melody Methot und Robin Hofmann, Erzieherin und Erzieher bei La Maison, teilen ihre wertvollen Erfahrungen über die tägliche Begleitung der Kinder.
„Wir achten darauf, jedes Kind Wertschätzung erfährt, um es in seiner persönlichen Entwicklung bestmöglich zu unterstützen.“
Melody Methot, Erzieherin
Ein stabiles und fürsorgliches Umfeld schaffen
Welche Strategien wenden Sie an, um den Kindern zu helfen, sich trotz sprachlicher oder kultureller Unterschiede zu integrieren und Beziehungen untereinander aufzubauen?
Melody: Die Integration verläuft meist ganz natürlich. Die Kinder nehmen ein neues Kind, das nach La Maison kommt, von selbst in die Gruppe auf. Selbst wenn sie nicht dieselbe Sprache sprechen, finden sie Wege, miteinander zu kommunizieren, sich auszutauschen und zu spielen. Wir Erzieher greifen nur wenig in diesen Prozess ein, schaffen aber natürlich einen liebevollen Rahmen, damit sich die Kinder wohlfühlen und in ihrer „zweiten Heimat“ in Massongex sicher fühlen.
Robin: Die Integration erfolgt oft durch gemeinsames Spielen, den Unterricht und die Gruppenaktivitäten, die wir organisieren. Natürlich greifen wir ein, wenn sich ein Kind zurückzieht. Aber meistens müssen wir kaum etwas tun, damit ein neues Kind seinen Platz in der Gruppe findet. Die meisten Kinder wissen, dass sie aus medizinischen Gründen hier sind – das verbindet sie und stärkt den Zusammenhalt.
Warum ist ein stabiles pädagogisches Umfeld für diese Kinder, die schwierige medizinische Situationen durchleben, so wichtig?
Melody: Grundsätzlich braucht jedes Kind einen klaren Rahmen – und umso mehr, wenn es weit weg von seiner Familie und seinem Heimatland ist. Als Erzieherin oder Erzieher sind wir eine vertraute Bezugsperson für das Kind, die ihm Stabilität gibt. Wir bauen ein Vertrauensverhältnis auf, das das Gefühl von Sicherheit fördert.
Robin: Obwohl die Kinder regelmässig medizinische Behandlungen und Termine haben, bleiben die festen Zeiten für Mahlzeiten, Duschen und das Zubettgehen immer gleich. Auch der Schulunterricht folgt einem festen Zeitplan unter der Woche. Selbst wenn die einzelnen Tage unterschiedlich sind, gibt der wöchentliche Ablauf den Kindern Orientierung und einen stabilen Rahmen.
Die emotionale Entwicklung unterstützen
Wie gehen Sie mit Momenten um, in denen die Kinder Traurigkeit oder Heimweh empfinden, und wie helfen Sie ihnen, diese Emotionen zu überwinden?
Melody: In solchen Fällen führen wir bevorzugt ein Einzelgespräch mit dem Kind. Wir versuchen gemeinsam mit ihm zu verstehen, warum es traurig ist. Wir sprechen über positive Dinge, erinnern an schöne Momente mit seiner Familie und betonen vor allem, dass das Ziel seines Aufenthalts ist, gesund in sein Heimatland zurückzukehren.
Robin: Genau, wir zeigen dem Kind, welchen Weg es bereits zurückgelegt hat, und versuchen, gemeinsam mit ihm nach vorne zu blicken – auf den Moment seiner Rückkehr. Zum Beispiel sprechen wir darüber, wie viele Tage noch bis zu seiner Operation oder bis zur Heimreise bleiben, welche medizinischen Kontrollen noch anstehen und dass wir dann seine Koffer für die Reise packen können. Wir erklären, dass in seinem Gepäck Spielsachen, Bücher oder Kleidung sein werden. Das verändert die Stimmung des Kindes oft sofort.
Wenn es passt, teilen wir auch einen liebevollen Moment mit dem Kind. Die Beziehung zu den Kindern ist in unserer Einrichtung weniger formell als in anderen Strukturen. Da sie ohne ihre Eltern in der Schweiz sind, verspüren sie oft ein grosses Bedürfnis nach Zuwendung und Nähe.
Welche Momente ausserhalb der Schule halten Sie für besonders förderlich für die emotionale und soziale Entwicklung der Kinder?
Robin: Besonders wertvoll sind die gemeinsamen Alltagsmomente in La Maison, wie Mahlzeiten oder Nachmittagsimbisse. Auch gesellige Momente, wie gemeinsames Spielen, und zärtliche Momente, wie das Zubettgehen, tragen viel dazu bei. Ebenso sind Ausflüge, zum Beispiel Spaziergänge oder Besuche an Wochenenden, sehr bereichernd. Auch in der Schule gehen die Aktivitäten manchmal über den rein schulischen Rahmen hinaus – zum Beispiel Debatten, Gespräche oder die Vorbereitung grosser Feste. All diese Erlebnisse fördern die soziale und emotionale Entwicklung der Kinder auf vielfältige Weise.
Die Entfaltung fördern
Was ist Ihr Lieblingsmoment des Tages, wenn Sie mit den Kindern arbeiten, und warum?
Robin: Für mich sind es zwei Lieblingsmomente – das Aufstehen und das Zubettgehen. Wir sind die ersten Personen, die die Kinder morgens um 7 Uhr sehen. Um gut in den Tag zu starten, ist es wichtig, dass das Aufwachen angenehm verläuft. Wir nehmen uns also Zeit und gehen es ganz behutsam an. Abends, wenn die Kinder ins Bett gehen, erzählen sie uns von ihrem Tag, wir sprechen über alles, was passiert ist. Es ist ein Moment des Austauschs, bei dem wir auch oft gemeinsam lachen.
Melody: Ich stimme Robin zu. Es sind besondere Momente, in kleiner Runde mit den Kindern, die sich ein Zimmer teilen. Diese Augenblicke sind ruhiger, weniger hektisch und geben uns allen die Möglichkeit, nach einem ausgefüllten Tag zur Ruhe zu kommen.
Welche Bedeutung hat Ihre erzieherische Rolle im Leben der aufgenommenen Kinder?
Robin: Als Erzieher sind wir eine Stütze auf dem Lebensweg der Kinder, damit ihr Aufenthalt in La Maison so angenehm wie möglich verläuft. Wir sind für sie vertraute Bezugspersonen. Zwar ersetzen wir nicht die Eltern, aber für eine gewisse Zeit gehören wir zu ihrem Leben und erleben mit ihnen sowohl ihre Schwierigkeiten als auch die kleinen Freuden im Alltag. Wir hören ihnen zu, geben ihnen Rat und achten auf ihr Wohlbefinden. Dabei sind wir sehr vielseitig: Mal sind wir Vertraute, mal Elternteil, mal grosse Schwester oder grosser Bruder, mal Lehrer, Animateur oder Pflegeassistent für Hygiene und kleine Wehwehchen.
Melody: Ja, wir haben viele verschiedene Rollen. Wir geben den Kindern emotionale und soziale Unterstützung, wir sind eine beruhigende Präsenz – von morgens bis abends, von Montag bis Sonntag. Wir verbringen jeden Moment des Tages mit ihnen: bei den Mahlzeiten, in der Schule, beim Spielen, auf Ausflügen und teilweise auch bei medizinischen Behandlungen. Und wir motivieren sie und helfen ihnen, in der Schule und im Alltag voranzukommen, indem wir jedes Kind in seinen Stärken bestärken. Jeden Tag sehen wir die Früchte unserer Arbeit in den strahlenden Gesichtern und im Lachen der Kinder – und in ihrer Freude, wenn sie geheilt in ihre Heimat zurückkehren. Danke an alle, die La Maison unterstützen und dies möglich machen.
